Aktiven Verortung - Innere Vernetzung
Ausgangspunkt: Belastungssituationen
Zunächst ein Erlebnis, das sicher alle Menschen kennen: Ich hatte an einem Montag Ende Januar 2016 frei, freute mich auf einen gemütlichen, drucklosen Tag. Aber es kam ganz anders. In Zusammenhang mit meinen ehrenamtlichen Tätigkeiten brach etwas über mich herein, was mich voll in Beschlag nahm. Das Telefon stand nicht mehr still, Mails gingen hin und her, … Da war nichts mehr mit Ruhe und Gemütlichkeit!
In dieser Situation wurde mir bewusst, dass wir in unserer modernen und komplizierten Welt vielfach beansprucht werden, immer erreichbar sind und uns Problemfälle sofort betreffen. Der tiefenpsychologisch arbeitende Kinder- und Jugendpsychiater, Dr. Michael Winterhoff, hat für diese moderne Lebensrealität den Begriff „Katastrophenalarm“ geprägt. Eltern (aber nicht nur die) stehen andauernd unter Spannung und können ihren Kindern (und ihrer) Umwelt immer seltener ruhig, gelassen und ausgeglichen begegnen.
Wir stehen immer im Katastrophenalarm, weil die Renten nicht mehr sicher zu sein scheinen, der Klimawandel fortschreitet und Gegenmaßnahmen kaum gelingen, weil die Asylbewerber und Flüchtlinge immer mehr werden, weil die Handyverträge oftmals anders laufen, sich verlängern, was wir eigentlich nicht wollten, … Und manchmal kommen dann noch Ereignisse wie oben beschrieben dazu, die zusätzlich über uns hereinbrechen.
Gesundheitliche Schäden generell, eine Zunahme psychischer Krankheiten, Verminderung der Lebensqualität … sind mögliche Folgen. - - - Soweit die Szenenbeschreibung.
Innere Ruhe-Orte aktivieren
Lasst mich das bisher Beschriebene einmal unter dem Gesichtspunkt „innerer Orte“ betrachten: Wir bewegen uns in unserem modernen Leben zwangsläufig an vielen Orten, lokal und auch im übertragenen Sinne. Aber: Inmitten dieser vielfachen Verortung unseres Lebens gibt es auch „Orte der Ruhe“.
Wer sich mit Entspannungsmethoden auseinandergesetzt hat, der weiß, dass man eine solche Methode so-und-so-oft eingeübt haben muss, um sie dann zu gegebener Zeit aktivieren und fruchtbar machen zu können. Genauso verhält es sich mit den „Orten der Ruhe“, die ich in mir geschaffen habe. Das kann der gewohnte Spaziergang sein oder das Musik-Hören, das Kaffee- oder Teetrinken am Nachmittag, das Sitzen in der Gruppe oder alleine irgendwann am Tag.
Solche Orte der Ruhe können wir uns inmitten der größten Unruhe bewusst machen, sie damit herholen und aktivieren. Von da aus entwickelt sich ein Gegenpol, der mich wegholt vom Unruheherd und mich wo anders hin bringt, in meinen Gedanken, in meinem Fühlen. Ein Stück Ruhe kehrt zurück und von da aus kann ich gelassener mit den anstehenden Verunsicherungen und Problemen umzugehen.
Dieses „aktive Verortung“ hilft mir, meine inneren Möglichkeiten zu nutzen, in die Waagschale zu werfen, so dass ich nicht nur Orten der Belastungen ausgeliefert bin oder mich nur noch der innere Katastrophenalarm beherrscht. Ich bin mehr als die Unruhe, die mich gerade gepackt hat. Auf meiner innere Landkarte existieren neben den Unruhe-Orten auch „Orte der Ruhe“, auf die ich zugehen, auf die ich mich beziehen kann. Und je tiefer diese Orte eingeübt und eingelebt sind, desto leichter werden sie zum Korrektiv, zum Rückzugsort, zum Gegenpol. Dann tritt an die Stelle des „Katastrophen-Modus“ eher der „Ruhe-Modus“.
Aktualisiert: 160413